Es war ein feucht-schwüler Sommermorgen als schwere Schritte durch das Unterholz des Waldes knackten. Die Sonne war noch nicht über die Wipfel der Berge gestiegen und ihr wärmendes Licht zeichnete sich nur als blasse Farben ab, die über die Klippen als dünne Linie anschmiegten.
Blutweber, der heute nur noch „Weber“ von den Menschen genannt wurde, brummte während er den Kopf in den Nacken legte und das Gefühl von Schweiß und Morgentau genoss welche ihm kalt auf der Stirn standen. Er liebte diese Ruhe. Die ersten Stunden des Tages bevor in Grünhain das geschäftige Treiben wieder seinen Lauf nahm und die Luft geschwängert war von den Ausdünstungen des Viehs und der Witterung der weichen Pinklinge.
Hier draußen im Wald war er frei und ungestört. Es gab keine Konventionen, keine verfluchten Ehrenmänner die den Hang dazu hatten ihr Leben unter seinen Klingen zu lassen – und das nur weil sie sich leichtfertig als Retter in der Not in Situationen brachte, die sie letztendlich mit ihm konfrontierten.
Zwar waren die Gesetze hier so lachs, und er selbst jenseits von gut und böse, dass es ihn herzlich wenig juckte – wenn er mal wieder den Schädel eines bezwungenen Störenfrieds hämisch durch das Dorf schleppte, nur um ihn im Wald auf einen Ameisenhaufen zu legen, damit die kleinen Biester den Knochen das Fleisch abnagten – doch konnte auch er seine sichere Zuflucht in dieser Wildnis nicht gedankenlos aufs Spiel setzen.
Dies war nicht mehr die Zeit für Wilde und freie Lande, in denen man als Nicht-Mensch unbehelligt leben konnte waren mit den Jahren zunehmend spärlicher geworden.
Nachdem er vor Jahren seine letzte Heimat hinter sich gelassen hatte und noch während des ersten oder zweiten Elfenkrieges seinen damaligen Bau und seine Aufgabe als Meuchler aufgegeben hatte – musste er eine Handvoll Sommer damit verbringen, durch die Welt zu ziehen.
Immer in Begleitung seines damals noch jungen Schützlings.
Es musste Schicksal gewesen sein. Bestimmung, Fügung.. wie auch immer man diesen Rotz nennen wollte – doch als er seine Mordlust, sein Geschick und seine Fähigkeiten in den Dienst der Unterirdischen auf der Insel gestellt hatte – hatte er dies getan nachdem er einen Großteil seines Lebens in dem Irrglauben gelebt hatte, dass seine ganze Sippe, sein Blut und Fleisch ausgelöscht worden seien. Dann, wie durch ein Wunder – hatte ihn vom anderen Seite der Welt Kunde erreicht, dass seine Nichte, die Tochter seines verstorbenen Bruders ein Leben in Gefangenschaft als Sklavin verbrachte. Blut war dicker als Wasser. Und wenn nur noch so wenig von dem Blut seines Stammes übrig war, war es auch dicker als Ehre. Ohne zu zögern hatte er die Insel und das Reich im Stich gelassen, hatte den Dunkelelfen den Rücken gekehrt und sie ihrem kläglichen Schicksal überlassen. Nach Monaten des Reisens, der Planung und des Tötens hatte er sie gefunden, aufgespürt und letztendlich auch befreit.
Fleisch von seinem Fleisch, Blut von seinem Blut. Es war nicht viel, doch seit der Vernichtung ihres Stammes waren endlich wieder zwei Grünhäute des ursprünglichen Stammes wieder vereint.
Es hätte zwar nicht gereicht um den Stamm neu zu züchten – nicht dass er es nicht ernsthaft in Betracht gezogen hatte, doch das Weib war scheu, schwach und von Jahren des Lebens unter
Menschen gezeichnet, und sein Bruder hätte wohl im Ahnenreich getobt und gezetert wenn ausgerechnet Weber seine einzige Tochter bestiegen hätte. So waren sie gewandert, hatten sich kennen und schätzen gelernt. Er behütete Sie, trainierte sie und machte sie stark genug, bis sie selbst auf sich achten konnte.
Sie bekam einen neuen Namen, aus den Analen des alten Stammes nachdem sie ihren ersten Menschen während eines Angriffs abgeschlachtet hatte.
Schattenwolke
Nachdem sie eine Karawane angetroffen hatten, die ihnen davon berichtete, wie die Welt im Wandel lag und dass immer mehr der Grünhäute einen kleinen, fragilen Platz in der allgemeinen Gesellschaft gefunden hatten, war sie es gewesen, die den Wunsch geäußert hatte das Kämpfen auch unter den Menschen zu lernen – denn sie waren zwar ihre Kerkermeister gewesen, doch hatte sie ihr ganzes Leben unter ihnen gelebt und fühlte sich unter ihnen heimisch, auch wenn sie anders aussah als sie.
Sie wollte damit mit ihrer Vergangenheit abschließen, und nun Herr über ihr Leben unter den Wesen sein, die sie in Ketten von ihrer Insel fortgebracht hatten – um es ihnen heimzuzahlen und um ihre hasserfüllten Blicke mit feurigem Zorn und Stolz zu erwidern.
So hatte er letztendlich nachgegeben und hatte in einer weiteren, Jahr langen Reise dafür gesorgt, dass sie in ein Reich gelangen konnte, in dem sie sich als Kämpferin in den Gruben beweisen konnte, so wie er es einst als Gefangener der Menschen hatte tun müssen.
Sie würde daran wachsen – stark und tödlich werden. So wie er.
Ob er sich wohl jemals daran gewöhnen würde vollends in einem „zivilisierten“ Vorposten zu leben? Nun ja, so zivilisiert es an einem Ort eben ging, der eine magnetische Wirkung auf Unholde, Anderswesen, Schurken und Meuchler zu haben schien. Aber von hier war es nur wenige Tagesmärsche in die nächste Stadt und von dort konnte man ein Schiff besteigen dass ihn zur Not zu Schattenwolke brachte.
Und das war nun sein Tagesinhalt.
Aufwachen, Schmieden, Jagen und warten. Warten auf den Tot, warten darauf gebraucht zu werden. Es war kein „produktives“ Leben in den Augen der Ork, ohne Stamm und ohne Sohn – doch es erfüllte seinen Zweck. Er lebte gut, konnte seine überlegenen Schmiedefertigkeiten weiter nutzen und hatte hier ein weites, wildes Land um sich, in dem es noch reichlich Beute zu erlegen und Monster zu schlagen gab. Zwar wurde er auch nach einem Jahr noch argwöhnisch und ängstlich von den verschiedenen Bewohnern gemustert, doch das störte ihn nicht und manchmal machte er sich regelrecht einen Spaß daraus, eine geschändete Nymphe oder anderen weiblichen Bewohner des Waldes, oder einen getöteten Banditen zu nahe beim Dorf abzulegen, nur um die Pinklinge daran zu erinnern wen oder was sie sich hier in ihre Mitte geholt hatte.
Während er so marschierte und über seine Vergangenheit und den Lauf der Zeit nachdachte, stellten sich instinktiv seine borstigen Nackenhaare auf. Seine weit aufgesperrten Nüstern zuckten als er den Duft frischer Beute einsog. Für einen muskelbepackten Hünen wie er es einer war veränderte sich sein Bewegungsbild schnell – er war noch nicht eingerostet, auch nach so vielen Jahren nicht. Geschmeidig, lautlos und zielsicher schlängelte sich der grüne Leib vom Pfad herunter in das Unterholz wo sich Schatten und Wald wie
ein Mantel um ihn legten und ihn für das bloße Auge verschwinden ließen. Getarnt kniete er sich in das feuchte Unterholz und zückte einen großen, garstig aussehenden Bogen aus einem Hirschgeweih gefertigt vom Rücken. Noch während er mit glühenden, bernsteinfarbenen Augen durch die Bäume spähte legte er einen schmutzigen, schwarzen Pfeil an die Sehne – getränkt in allerlei Unrat – einer Mixtur die nur er kannte und herstellen konnte. Das klebrige Gift bitzelte sogar durch seine feste Haut hindurch in den Fingerkuppen und würde seine Beute qualvoll verenden lassen, wenn er nicht mit dem ersten Treffer tötete sondern nur streifte.
Dann sah er sie.. groß, schlank und vor Leben strotzend: eine stattliche Hirschkuh, mehrere hundert Kilo schwer. Sein Atem beruhigte sich, wurde flacher. Sein Arm zog sich weiter zurück bis die gespannte Sehne seines Bogens protestierend zu knarren drohte.
Hungrig leckte er sich mit der geschwärzten, spitz zugeschnittenen Zunge über die seine Reißzähne und die Hauer ehe er den Pfeil fliegen ließ…
Heute Nacht würde es Hirsch geben!
Blutweber, der heute nur noch „Weber“ von den Menschen genannt wurde, brummte während er den Kopf in den Nacken legte und das Gefühl von Schweiß und Morgentau genoss welche ihm kalt auf der Stirn standen. Er liebte diese Ruhe. Die ersten Stunden des Tages bevor in Grünhain das geschäftige Treiben wieder seinen Lauf nahm und die Luft geschwängert war von den Ausdünstungen des Viehs und der Witterung der weichen Pinklinge.
Hier draußen im Wald war er frei und ungestört. Es gab keine Konventionen, keine verfluchten Ehrenmänner die den Hang dazu hatten ihr Leben unter seinen Klingen zu lassen – und das nur weil sie sich leichtfertig als Retter in der Not in Situationen brachte, die sie letztendlich mit ihm konfrontierten.
Zwar waren die Gesetze hier so lachs, und er selbst jenseits von gut und böse, dass es ihn herzlich wenig juckte – wenn er mal wieder den Schädel eines bezwungenen Störenfrieds hämisch durch das Dorf schleppte, nur um ihn im Wald auf einen Ameisenhaufen zu legen, damit die kleinen Biester den Knochen das Fleisch abnagten – doch konnte auch er seine sichere Zuflucht in dieser Wildnis nicht gedankenlos aufs Spiel setzen.
Dies war nicht mehr die Zeit für Wilde und freie Lande, in denen man als Nicht-Mensch unbehelligt leben konnte waren mit den Jahren zunehmend spärlicher geworden.
Nachdem er vor Jahren seine letzte Heimat hinter sich gelassen hatte und noch während des ersten oder zweiten Elfenkrieges seinen damaligen Bau und seine Aufgabe als Meuchler aufgegeben hatte – musste er eine Handvoll Sommer damit verbringen, durch die Welt zu ziehen.
Immer in Begleitung seines damals noch jungen Schützlings.
Es musste Schicksal gewesen sein. Bestimmung, Fügung.. wie auch immer man diesen Rotz nennen wollte – doch als er seine Mordlust, sein Geschick und seine Fähigkeiten in den Dienst der Unterirdischen auf der Insel gestellt hatte – hatte er dies getan nachdem er einen Großteil seines Lebens in dem Irrglauben gelebt hatte, dass seine ganze Sippe, sein Blut und Fleisch ausgelöscht worden seien. Dann, wie durch ein Wunder – hatte ihn vom anderen Seite der Welt Kunde erreicht, dass seine Nichte, die Tochter seines verstorbenen Bruders ein Leben in Gefangenschaft als Sklavin verbrachte. Blut war dicker als Wasser. Und wenn nur noch so wenig von dem Blut seines Stammes übrig war, war es auch dicker als Ehre. Ohne zu zögern hatte er die Insel und das Reich im Stich gelassen, hatte den Dunkelelfen den Rücken gekehrt und sie ihrem kläglichen Schicksal überlassen. Nach Monaten des Reisens, der Planung und des Tötens hatte er sie gefunden, aufgespürt und letztendlich auch befreit.
Fleisch von seinem Fleisch, Blut von seinem Blut. Es war nicht viel, doch seit der Vernichtung ihres Stammes waren endlich wieder zwei Grünhäute des ursprünglichen Stammes wieder vereint.
Es hätte zwar nicht gereicht um den Stamm neu zu züchten – nicht dass er es nicht ernsthaft in Betracht gezogen hatte, doch das Weib war scheu, schwach und von Jahren des Lebens unter
Menschen gezeichnet, und sein Bruder hätte wohl im Ahnenreich getobt und gezetert wenn ausgerechnet Weber seine einzige Tochter bestiegen hätte. So waren sie gewandert, hatten sich kennen und schätzen gelernt. Er behütete Sie, trainierte sie und machte sie stark genug, bis sie selbst auf sich achten konnte.
Sie bekam einen neuen Namen, aus den Analen des alten Stammes nachdem sie ihren ersten Menschen während eines Angriffs abgeschlachtet hatte.
Schattenwolke
Nachdem sie eine Karawane angetroffen hatten, die ihnen davon berichtete, wie die Welt im Wandel lag und dass immer mehr der Grünhäute einen kleinen, fragilen Platz in der allgemeinen Gesellschaft gefunden hatten, war sie es gewesen, die den Wunsch geäußert hatte das Kämpfen auch unter den Menschen zu lernen – denn sie waren zwar ihre Kerkermeister gewesen, doch hatte sie ihr ganzes Leben unter ihnen gelebt und fühlte sich unter ihnen heimisch, auch wenn sie anders aussah als sie.
Sie wollte damit mit ihrer Vergangenheit abschließen, und nun Herr über ihr Leben unter den Wesen sein, die sie in Ketten von ihrer Insel fortgebracht hatten – um es ihnen heimzuzahlen und um ihre hasserfüllten Blicke mit feurigem Zorn und Stolz zu erwidern.
So hatte er letztendlich nachgegeben und hatte in einer weiteren, Jahr langen Reise dafür gesorgt, dass sie in ein Reich gelangen konnte, in dem sie sich als Kämpferin in den Gruben beweisen konnte, so wie er es einst als Gefangener der Menschen hatte tun müssen.
Sie würde daran wachsen – stark und tödlich werden. So wie er.
Ob er sich wohl jemals daran gewöhnen würde vollends in einem „zivilisierten“ Vorposten zu leben? Nun ja, so zivilisiert es an einem Ort eben ging, der eine magnetische Wirkung auf Unholde, Anderswesen, Schurken und Meuchler zu haben schien. Aber von hier war es nur wenige Tagesmärsche in die nächste Stadt und von dort konnte man ein Schiff besteigen dass ihn zur Not zu Schattenwolke brachte.
Und das war nun sein Tagesinhalt.
Aufwachen, Schmieden, Jagen und warten. Warten auf den Tot, warten darauf gebraucht zu werden. Es war kein „produktives“ Leben in den Augen der Ork, ohne Stamm und ohne Sohn – doch es erfüllte seinen Zweck. Er lebte gut, konnte seine überlegenen Schmiedefertigkeiten weiter nutzen und hatte hier ein weites, wildes Land um sich, in dem es noch reichlich Beute zu erlegen und Monster zu schlagen gab. Zwar wurde er auch nach einem Jahr noch argwöhnisch und ängstlich von den verschiedenen Bewohnern gemustert, doch das störte ihn nicht und manchmal machte er sich regelrecht einen Spaß daraus, eine geschändete Nymphe oder anderen weiblichen Bewohner des Waldes, oder einen getöteten Banditen zu nahe beim Dorf abzulegen, nur um die Pinklinge daran zu erinnern wen oder was sie sich hier in ihre Mitte geholt hatte.
Während er so marschierte und über seine Vergangenheit und den Lauf der Zeit nachdachte, stellten sich instinktiv seine borstigen Nackenhaare auf. Seine weit aufgesperrten Nüstern zuckten als er den Duft frischer Beute einsog. Für einen muskelbepackten Hünen wie er es einer war veränderte sich sein Bewegungsbild schnell – er war noch nicht eingerostet, auch nach so vielen Jahren nicht. Geschmeidig, lautlos und zielsicher schlängelte sich der grüne Leib vom Pfad herunter in das Unterholz wo sich Schatten und Wald wie
ein Mantel um ihn legten und ihn für das bloße Auge verschwinden ließen. Getarnt kniete er sich in das feuchte Unterholz und zückte einen großen, garstig aussehenden Bogen aus einem Hirschgeweih gefertigt vom Rücken. Noch während er mit glühenden, bernsteinfarbenen Augen durch die Bäume spähte legte er einen schmutzigen, schwarzen Pfeil an die Sehne – getränkt in allerlei Unrat – einer Mixtur die nur er kannte und herstellen konnte. Das klebrige Gift bitzelte sogar durch seine feste Haut hindurch in den Fingerkuppen und würde seine Beute qualvoll verenden lassen, wenn er nicht mit dem ersten Treffer tötete sondern nur streifte.
Dann sah er sie.. groß, schlank und vor Leben strotzend: eine stattliche Hirschkuh, mehrere hundert Kilo schwer. Sein Atem beruhigte sich, wurde flacher. Sein Arm zog sich weiter zurück bis die gespannte Sehne seines Bogens protestierend zu knarren drohte.
Hungrig leckte er sich mit der geschwärzten, spitz zugeschnittenen Zunge über die seine Reißzähne und die Hauer ehe er den Pfeil fliegen ließ…
Heute Nacht würde es Hirsch geben!